Die grundlegende Frage, die sich viele Anwender vor einer S/4HANA-Einführung und dem Fiori App-Einsatz stellen, ist nach dem WARUM? Die Möglichkeit, Fiori Apps zu nutzen, gibt es schon seit einiger Zeit, aber die Frage, warum diese neuen Apps angewendet werden sollen, stellt sich meist erst im Rahmen einer S/4HANA-Migration.
Die einfache Antwort ist, dass einige Funktionen nur in Fiori-Apps implementiert wurden und es keine passenden Transaktionen dazu gibt. Darüber hinaus stellt Fiori die Art und Weise dar, wie SAP neue Businessnutzen für S/4HANA-Anwender verfügbar macht. Die Funktionen von SAP S/4HANA sind also nur mit Fiori Launchpad vollständig anwendbar.
Tipps und lessons learned aus unseren Projekterfahrungen
Jeder Kunde hat andere Bedürfnisse und Ansprüche an eine Fiori-Einführung. Alle Projekte haben jedoch eines gemeinsam: Sie streben die Implementierung von SAP Fiori zusammen mit der Implementierung von SAP S/4HANA an.
1. Einbinden des Fachbereichs
Für die Implementierung von SAP Fiori in Migrationsprojekten gibt es unterschiedliche Ansätze – wir hören in diesem Zusammenhang immer wieder „Fiori first“ und „Fiori last“. Aus unseren Best-Practice-Erfahrungen wissen wir, dass der beste Ansatz „Fachbereich-einbeziehen-first“ ist.
Den Mitarbeitern fällt es oft schwer, Änderungen an Anwendungen zu akzeptieren. Sie sträuben sich weniger, wenn sie das Gefühl haben, dass sie Teil der Veränderung sind. Deshalb ist eine frühzeitige Sensibilisierung wichtig und äußerst sinnvoll. Außerdem werden wir oft mit einer Entweder-Oder-Haltung konfrontiert: Entweder bleiben alle Transaktionen wie gewohnt im SAP GUI, oder alle Transaktionen sollen im Fiori-Launchpad sein – diese beiden Optionen sollten jedoch eher als Ergänzung gesehen werden.
2. Die richtigen Apps erkennen
Die Auswahl der richtigen Applikationen lässt sich meist erst nach ausgiebigem Testen genau bestimmen. Arbeiten Sie mit Ihrer Fachabteilung zusammen, um die richtigen Apps auszusuchen und diese Auswahl rechtzeitig in Ihre Migrationsstrategie einzubeziehen.
Bei einem Brownfield- oder Hybrid-Ansatz werden alte ERP-Rollen migriert. Mit Hilfe unserer Role Conversion können wir nicht nur die passenden neuen Transaktionen erkennen, sondern auch die von SAP vorgeschlagenen passenden Apps für die jeweiligen Transaktionen der Rollen. Leider haben viele Transaktionen keine 1:1-Beziehung zu einer Applikation, sodass Sie einen Teil der Apps auch manuell auswählen müssen. Hierfür ist wiederum das Einbeziehen der Fachabteilung nötig. In der SAP Fiori Apps Reference Library sind alle aktuellen Apps aufgelistet. Zusammen mit dem Fachbereich suchen wir gemeinsam potenzielle Apps heraus und prüfen sie auf den etwaigen Einsatz. Hilfestellung bieten die SAP-Standardrollen bzw. die Standardkataloge, die zwar zu groß sind, um in Gänze zu übernehmen – sie bieten jedoch zu jedem Prozess eine Auswahl an, die stetig weiterwächst.
3. Testen der Apps
Beim Testen ist wiederum der Fachbereich gefragt, denn er kennt den Geschäftsprozess am besten und kann daher genau die Apps identifizieren, die einen Mehrwert bringen. Um dies zu ermöglichen, müssen die technischen Anforderungen in einem Testsystem aufgesetzt werden. SAP empfiehlt derzeit ein embedded Szenario, bei dem wir die Frontend-Berechtigungen (Fiori-Apps) und die Backend-Berechtigungen (Business-Logik) in einer Rolle testen. Die Berechtigungen stellen somit kein Problem dar. Hier geht es in erster Linie darum, den Mehrwert der Apps für die Mitarbeiter herauszuarbeiten. Nach erfolgreicher Implementierung ist der nächste Schritt die vollständige Nutzung des Launchpads – entweder durch die Enterprise Search oder durch die Anpassung des Standardlayouts für Endanwender, beispielsweise auf mobilen Endgeräten.
4. Einbau in die Berechtigungsrollen
Sobald die benötigten Apps bestimmt sind, müssen kleinteilige logische Kataloge erstellt werden, um sie korrekt in die Berechtigungsrollen zu integrieren. Dazu verwenden wir das SAP-Standardtool Launchpad Content Manager. Die passenden Berechtigungsrollen sind Teil des Migrationsprojekts, entweder als migrierte Rollen oder als komplett neue Rollen. Auch hier kennt die Fachabteilung in der Regel die alten Rollen gut und kann daher bei der Auswahl unterstützen.
Die Personalisierung des Launchpads ist für die Benutzer sehr vorteilhaft, da sie ihre Apps auf dem Startbildschirm selbst definieren können. Für den Go-Live ist jedoch zunächst ein gutes Standard-Layout sinnvoll. So vermeiden Sie, dass den Benutzern bei der Migration viele Kataloge zugewiesen werden, womit sie gezwungen wären, zeitaufwändig personalisierte Launchpad-Oberflächen zu erstellen.
Ein gutes Standard-Launchpad-Layout fördert die Akzeptanz bei den Anwendern, weil sie von Anfang an erkennen, dass das Launchpad Sinn macht. Die SAP Fiori-Apps „Manage Launchpad Spaces“ und „Manage Launchpad Pages“ sind ideal, um das Layout gemeinsam mit Ihren Benutzern zu personalisieren. Voraussetzung dafür ist die Verwendung von Spaces und Pages, vielen als „Fiori 3“ bekannt. Diese neueste Frontend-Komponente, die SAP mit S/4HANA 2021 eingeführt hat, bietet noch mehr Personalisierungsmöglichkeiten durch „flat tiles“.
Auch die Performance hat sich deutlich verbessert: Sie können sich nun mehrere Apps im Browser anzeigen lassen. Beachten Sie in diesem Zusammenhang die SAP-Empfehlungen zur Optimierung der Launchpad-Performance, indem Sie die Parameter richtig konfigurieren.
5. Go-Live-Vorbereitung
Zur optimalen Vorbereitung des Go-Live gehören umfangreiche Rollentests, idealerweise testen Sie jede Berechtigungsrolle einzeln. Alle Arbeitsbereiche sollten ihre neuen Funktionen – insbesondere die neuen Apps – testen, um sicherzustellen, dass sie problemlos funktionieren.
Mit Hilfe des SAST Role Management leiten wir die erforderlichen Template-Rollen aus den zuvor definierten Orgsets, in Kombination mit den benötigten Orglevel, ab. Diese Orglevel sind auch in der Lage, nicht standardisierte Felder in ein Orglevel zu heben. Dadurch wird manuelles Ableiten überflüssig und der Schwerpunkt verlagert sich auf das Testen der Rollen. Wenn diese Rollen nicht wie erwartet funktionieren, können Sie durch ein Update sicherstellen, dass die richtigen Berechtigungsobjekte und alle Funktionen in den Rollen enthalten sind.
6. Optimierung nach dem Go-Live
Viele Anwender sind mit ihren Anforderungen an die neuen Apps und das Launchpad zunächst zurückhaltend und stellen während des Migrationsprojekts eher zu wenige als zu viele Forderungen. Sie erkennen den Nutzen oft erst, wenn sie tatsächlich mit dem Launchpad arbeiten. Dank der neuen Benutzeroberfläche, der Möglichkeit, die KPIs auf einen Blick zu sehen, und des moderneren Aussehens werden die Benutzer jedoch letztlich lieber das Launchpad als die grafische Benutzeroberfläche nutzen. Einige Abteilungen verzichten sogar ganz auf das GUI und wollen ausschließlich das Launchpad verwenden. Dies führt in der Regel dazu, dass das Basisteam die Aufgabe erhält, neue Funktionen in das Launchpad zu integrieren: neue Apps in Katalogen zu installieren, neue, interne Apps zu entwickeln und das Layout durch den verstärkten Einsatz von Analytics- und Fact Sheet-Apps zu optimieren.
Mit einer guten Vorbereitung, einer effektiven Projektplanung und kompetenter, fachlicher Unterstützung können Sie der Einführung von SAP Fiori deutlich entspannter entgegensehen. Unsere Security-Experten beraten Sie gerne! Für weitere Informationen besuchen Sie unsere Website oder schreiben Sie uns.
Paul Michaelis (Consultant SAP Authorizations, SAST SOLUTIONS)
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